Autogenes Training

 

Inhalt Autogenes Training:

 

Teil 1


 - was ist Autogenes Training?
 - woher stammt dieses Verfahren?
 - welches Prinzip steckt dahinter?
 - für wen ist autogenes Training geeignet?

 - Positiv Denken
 - Ruhe und Erholung
 - Vermeidung der Anspannung über Resonanzdämpfung negativer Affekte (z.B. Ängste)
 - Ansteuerung unwillkürlicher Körperfunktionen
 - Leistungssteigerung
 - Reduktion der Schmerzempfindung
 - Verbesserung der Schlaffähigkeit

 

Teil 2


 - Autogenes Training in der Praxis:
 - Richtig üben
 - Formeln des autogenen Trainings
    - die sieben Formeln aus der Unterstufe
 - Vorbereitung für die Übungen
    - Kleidung
    - Örtlichkeit
  - Übungsposition
 - Wichtig: Richtiges Zurücknehmen
 - Vorübungen
   - "Fallen lassen"
   - Pendelübung
 - Ziele des autogenen Trainings:
   - Das autogene Training kann helfen, dass wir...

 

 

 

 

Autogenes Training (AT) - Teil 1

 

 

 - was ist Autogenes Training?

Durch die weite Verbreitung des Autogenen Trainings hat wohl schon jeder, der sich mit Entspannungsverfahren beschäftigt, in irgend einer Form etwas von dieser Methode gehört, gesehen oder gelesen. Wer sich mit diesem Verfahren noch nicht intensiv beschäftigt hat, wird wohl ein Bild vor sich haben, dass durch ein bestimmtes "Trainings-Verfahren" eine Entspannung erreicht werden soll. In gewisser Weise trifft das auch zu. Es geht um Training im Sinne von wiederholter, konzentrierter Anwendung eines vorgegebenen Entspannungsverfahrens. Die Erreichung des entspannten Zustandes wird jedem selbst durch Konzentration ermöglicht. Es ist ein "autosuggestives Verfahren", was bedeutet, dass wir durch Selbstbeeinflussung (im Gegenteil zur Fremdbeeinflussung) die erwünschten Zustände erreichen können. Es hat nichts mit "Einbildung" zu tun, denn die Wirkung wurde vielfach objektiv erforscht. Durch die innere Umsetzung der formelhaften Vorstellungen werden bestimmte gewünschte körperliche Zustände hervorgerufen.
Diese Zustände von Ruhe und Gelassenheit können, wenn das Autogene Training richtig geübt wurde,  innerhalb von Sekunden einsetzen und ihre Wirksamkeit entfalten. Aus dieser gelassenen und ruhigen Haltung heraus entsteht eine positive Selbsteinstellung, welche auch wesentlich im Umgang mit anderen Menschen ist, da wir unser Verhalten immer in ähnlicher Form von unseren Mitmenschen zurückbekommen. 
Autogenes Training ist also nicht nur ein reines Entspannungsverfahren. Es beinhaltet auch Selbsterkenntnis und Wahrnehmungsverfeinerung in jeder Form. Es ist ein Weg, besser in Einklang mit der Natur zu leben, da die Wahrnehmung auf wesentliche -natürliche- Dinge gefördert wird. 


 - woher stammt dieses Verfahren?

Das Verfahren wurde Anfang des 20. Jahrhunderts vom Berliner Arzt und Psychologen Dr. Johannes Heinrich Schultz entwickelt. Dabei wurde das Verfahren von J.H. Schultz aus der Anwendung der Hypnose abgeleitet. Seither wurde die Methode der konzentrativen Selbstenspannung durch die hohe Wirksamkeit und durch die relativ einfache Erlernbarkeit weit verbreitet und gilt international als anerkanntes Entspannungsverfahren.


 - welches Prinzip steckt dahinter?

Bei dem Verfahren werden natürliche körperliche (physiologische) Vorgänge genutzt. Bei einem normalen Ruhezustand des Körpers werden Arme und Beine als "schwer" und "warm" empfunden (dies kommt von der besseren Durchblutung und von den erschlafften Muskeln). Um also einen Ruhezustand zu erreichen, müssen Arme und Beine als "schwer" und "warm" empfunden werden. Man konzentriert sich also zunächst darauf, sich eine Schwerde und Wärme in Armen und Beinen vorzustellen. Die physiologische Reaktion auf diese Vorstellung ist dann - nach einiger Zeit des Übens - tatsächlich der Ruhezustand. Der Trainingseffekt wird von mal zu mal besser. Der Grund liegt in der sog. Konditionierung. Der Körper "weiß" was nach der Vorstellung von Schwere und Wärme folgen wird und es wird diese Folge (der Ruhezustand) immer schneller und intensiver eintreten, je öfter und gründlicher die Übungen durchgeführt werden. Also gehört - wie im Namen Autogenes Training schon deutlich wird - das Üben als wesentlicher Bestandteil dazu, um langfristig mit dieser Entspannungsmethode erfolgreich zu sein.  

 

Die drei Grafiken verdeutlichen dieses Wirkprinzip:

 

1. normaler

Ruhezustand

2. Vorstellung/

Übung

3. trainierter

Ruhezustand

Arme und Beine werden hier als "schwer" und "warm" empfunden

 

Vorstellung, dass die Arme und Beine "schwer" und "warm"

werden

Arme und Beine sind durch die selbst-erzeugte Vorstellung tatsächlich schwer und warm geworden, wodurch der Ruhezustand erreicht wurde

 

 

 

- für wen ist autogenes Training geeignet?

Prinzipiell ist das Autogene Training für jeden geeignet, der etwas an seinem derzeitigen Wohlbefinden verbessern möchte und der Meinung ist, dass dies auch möglich sei. Als Grundhaltung ist eine positive Einstellung zur Selbstbeeinflussung nötig. Zu guter letzt, wer genügend Motivation für tägliches Training mitbringt.

Trainingserfolge werden sich erfahrungsgemäß schneller einstellen, wenn eine konkrete Zielvorstellung vorhanden ist, also wenn ein Grund besteht, weshalb das Autogene Training erlernt werden soll.

Beim Einüben/Trainieren sollten sie darauf achten, dass sie sich an die Übungsanleitungen halten. Bei Missempfindungen oder Unwohlsein liegt meist ein Fehler beim Trainieren vor, welcher zu Fehlhaltungen fürht und sogar zu gesundheitsschädlichen Einstellungen führen kann. In diesem Falle empfielt es sich, bei einem qualifizierten Kursleiter/Therapeuten die Methode zu erlernen.

Wie so häufig, gibt es auch für das Autogene Training Einschränkungen.

 

Nicht anwenden sollten sie diese Methode, wenn sie:

 

  • unter Wahnvorstellungen leiden
  • eine Depression haben (Depression als Krankheit, im Gegensatz zur depressiven Verstimmung)
  • an Hysterie leiden (Hysterische Neurose)
  • oder an einer Psychose leiden

 

Wenn Sie sich hier nicht sicher sind, gehen sie im Zweifelsfall zu einem Therapeuten ihres Vertrauens und klären sie ab, ob das Autogene Training für sie in Frage kommt.

 

 - Positiv Denken

Wir beeinflussen uns tagtäglich selbst, ohne es zu merken, ohne dies wahrzunehmen. Dabei erzeugt jeder Gedanke eine Vorstellung, die dabei unsere Gefühle und das Verhalten auf eine entscheidende Art nachhaltig beeinflusst.

Eine große Rolle spielt dabei unser Bewertungssystem im Gehirn. Hier werden Erfahrungswerte mit aktuellen Situationen verglichen und bewertet. Diese Bewertung geschieht, ohne dass wir darüber nachdenken. Das sollten wir aber, wenn uns eine Situation in einen Zustand von Unsicherheit, Zaudern, Lustlosigkeit, Angst, Frust, Kommunikationsschwierigkeiten, Selbstvorwürfe, Vermeiden, Misserfolge bis hin zur Depression versetzt.

Positives Denken kann durch das Autogene Training erlernt werden, da neben der Gelassenheit auch Selbstreflexion und eine tiefere Selbsterkenntnis zu den Effekten des Autogenen Trainings gehören.

 


 - Ruhe und Erholung

Die Anforderungen am Arbeitsplatz oder in der Familie steigen für jeden spürbar an. Wer hier sehr hohen Anforderungen ausgesetzt ist, benötigt, um nicht zu überlasten, zwischendurch eine Ruhephase. Die Länge dieser Pause kann durch das Autogene Training stark verkürzt werden, so dass der positive Effekt einer Pause nicht durch den daraus entstandenen Zeitmangel aufgehoben wird.

Nach Erlernen der Grundstufe des Autogenen Trainings wird es jeden möglich sein, für einige Minuten bewusst abzuschalten. Dabei ist dieser Erholungseffekt enorm groß. Man kann den Erholungseffekt mit einem längeren Mittagsschlaf vergleichen.

Danach werden sie erfrischt sein und mit neuer Kraft, Ruhe und Konzentration an die Aufgaben des Tages herangehen können.

 

 

- Vermeidung der Anspannung über Resonanzdämpfung negativer Affekte (z.B. Ängste)

Ein Affekt, also ein Zustand außergewöhnlicher seelischer Anspannung (z.B. Angst, Wut,

Zorn, oder andere starkte Emotionen), verändert meist schlagartig den gesamten Zustand des

Organismus. Auf körperlicher Ebene können wir folgende Reaktionen beobachten:

  • Erhöhung des Herzschlages, der Pulsfrequenz
  • Ansteigen des Blutdrucks
  • Atmung wird schneller
  • Pupillen werden größer
  • Anspannung der gesamten Körpermuskulatur, was durch ruckartige Bewegungen gekennzeichnet ist (vor allem an den mimischen Muskeln zu beobachten)

 

Dieser körperliche Ausdruck der Anspannung wird so lange aufrecht erhalten, bis auf einer Ebene "Entwarnung" gegeben wird. Danach folgt ein langsamer Abstieg dieser Anspannung. In der Phase der Anspannung werden einige Regelkreise permanent durchlaufen. Bei einer chronischen Anspannung aufgrund eines permanenten Stressors (z.B. Sorgen, Ängste, etc.) kann diese "Entwarnung" nicht erfolgen. Hier kann es durch bewusstes Absenken der Muskelspannung zu einer ähnlichen Reaktion durch den Mitschwingeffekt (Resonanz) im seelischen Bereich kommen. Die Folge sind Ruhe und innere Ausgeglichenheit. Affekte, welche außer Kontrolle geraten sind, können dadurch wieder kontrolliert und abgebaut werden.
Würden Sie versuchen mit Anstrengung gegen eine Angst anzukämpfen, hätte dies meist das Gegenteil zur Folge, da die zusätzliche Anspannung die Regelkreise nicht auf "Entwarnung" programmiert.
Die negativen Begleiteffekte der Erregung (Zittern, Schwitzen, erhöhter Blutdruck, etc.) werden beseitigt und dadurch wird durch eine Rückkoppelung, bzw. Mitschwingen (Resonanz) der negative Affekt auf gesunde Art abgebaut.

 

 

 - Ansteuerung unwillkürlicher Körperfunktionen

Die Steuerung unseres Körpers erfolgt vereinfacht gesagt über zwei verschiedene Arten. Auf der einen Seite die willkürlichen, also dem Willen unterworfene Funktionen (z.B. die bewusste Atmung) und die unwillkürlichen Funktionen, also Funktionen, welche sich nicht bewusst steuern lassen (z.B. Pulsfrequenz).
Um diese unwillkürlichen Körperfunktionen positiv zu beeinflussen, wird in der Vorstellung der gewünschte Effekt angestrebt und die Reaktion auf körperlicher Ebene einfach geschehen lassen.

 


 - Leistungssteigerung

Jeder Mensch hat ein ungenutztes Potential an körperlicher und geistiger Leistung. Auf körperlicher Ebene dient diese Leistungsreserve, um diese in Extremsituationen

mobilisieren zu können. Diese Reserve unterliegt nicht dem willkürlichen Zugriff, sondern ist über eine Lebensnotwendige Schutzeinrichtung nur für Notfälle reserviert. Es handelt sich um ca. 30% der individuellen menschlichen Arbeitskapazität.
Beim Autogenen Training geht es natürlich nicht darum, diese Notreserven freizusetzen.

 

                

Grafik 1:

körperliches Leistungs - Potential

             Grafik 2:

geistiges Leistungs - Potential

 

Es geht darum, ein besseres Körperempfinden und Körperbewusstsein zu entwickeln, damit freie und ungenutzte Potentiale deutlich werden und dann bewusst genutzt werden können. Schon z.B. viele Sportler verschiedener Disziplinen konnten mit dem Autogenen Training eine deutliche Leistungssteigerung erzielen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Peak-Performance.
Auf geistiger Ebene sind die freien Reserven noch mehr als auf körperlicher Ebene. Gerade dieses Potential lässt sich durch das Autogene Training freisetzen. Die Ruhe und Gelassenheit, welche durch die Anwendung des Autogenen Trainings gewonnen werden, helfen dabei:

  • die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern,
  • die Lernfähigkeit zu steigern
  • beim Abbau von starken Lampenfieber
  • den Selbstwert zu steigern
  • Nervosität abzubauen und damit eine oft verbundene
  • schlechte Schlaffähigkeit zu verbessern


   
 - Reduktion der Schmerzempfindung

Wer mit Schmerzen konfrontiert ist, wünscht sich vermutlich nichts mehr, als dass die Schmerzen weniger werden, oder besser dass diese ganz verschwinden sollen.
In der Schmerztherapie kommt auch das Autogene Training zum Einsatz. Die Schmerzminderung wird beim Autogenen Taining dadurch erreicht, dass es zu einer veränderten Einstellung zum Schmerz kommt und einer damit verbundenen Veränderung der Schmerzschwelle. Die Angst, die an die Schmerzen gekoppelt ist, wird gelöst. Physiologische Reaktionen, welche mit dem Schmerz einhergehen (z.B. erhöhter Puls, Schweißausbrüche, schnellere Atmung, erhöhter Blutdruck, Muskelanspannungen und Muskelverspannungen, etc.) lassen sich mit dem Autogenen Training positiv beeinflussen.

Wer gut geübt ist, wird die schmerzende Stelle kühlen oder erwärmen können, intuitiv richtig für die weitere Schmerzlinderung. 

 


 - Verbesserung der Schlaffähigkeit

Der Schlaf gehört zu den störanfälligsten Körperprogrammen. Kein Wunder, dass es sehr viele Betroffene gibt, welche an Schlafstörungen leiden. Die Schlafstörungen können dabei eine Vielzahl an körperlichen als auch seelischen Ursachen haben. Häufig folgt hier der Griff zu Medikamenten oder anderen Substanzen. Alkohol, Schlaftabletten, Beruhigungsmittel, etc. führen aber meist zu einer Abhängigkeit und der Körper kann ohne diese Mittel keine Ruhe, bzw. ausreichenden und erholsamen Schlaf finden. Setzt man Schlafmittel ab, werden die Schlafstörungen noch mehr verstärkt, da der Körper gewöhnt wurde, die schlafauslösenden Stoffe vom Medikament zu erhalten und nicht mehr selbst in ausreichender Menge zu produzieren. In unserer heutigen Gesellschaft bestimmen bei einer Mehrzahl der von Schlafstörung betroffenen Personen häufig Probleme und Sorgen das Leben. So grübeln die Betroffenen oft stundenlang im Bett anstatt erholsamen Schlaf zu finden. Wenn diese dann endlich einschlafen können, so ist dies ein ganz oberflächlicher Schlaf. Meist wachen diese dann sehr früh auf und wälzen sich im Bett hin und her, können jedoch nicht aufstehen, da der Körper zu erschöpft ist, da er sich nicht regenerieren konnte. Es entsteht häufig eine regelrechte Angst davor, Abends schon wieder nicht einschlafen zu können. Je stärker die Angst ist und versucht wird zu bekämpfen, desto weniger wird der Schlaf möglich sein, denn hier verhindern die Stresshormone, dass der Körper die Ruhe zum Schlafen erzeugen kann.
Durch das Autogene Training kann dieser Teufelskreis durchbrochen werden, da die

Produktion der Stresshormone, die ja das Einschlafen verhindern, gestoppt wird und

anschließend der Körper in einen Zustand der Ruhe für einen erholsamen Schlaf kommen kann.

 

 

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